Review: TRIPLE 9 – Eine altbackene Geschichte und eine packende Inszenierung geben sich die Klinke in die Hand



Fakten:
Triple 9
US, 2016. Regie: John Hillcoat. Buch: Matt Cook. Mit: Woody Harrelson, Kate Winslet, Casey Affleck, Chiwetel Ejiofor, Anthony Mackie, Aaron Paul, Norman Reedus, Gal Gadot, Clifton Collins Jr., Michael Kenneth Williams u.a. Länge: 115 Minuten. FSK: Freigegeben ab 16 Jahren. Ab dem 05. Mai 2016 im Kino.


Story:
Eine Bande von Gangstern, die sich aus korrupten Cops und ehemaligen Söldnern zusammensetzt, führt für die Russen-Mafia einen Raubüberfall durch. Den Auftraggebern reicht dieser eine Einsatz allerdings nicht und sie fordern vor der Bezahlung einen weiteren. Die Gruppe sieht sich mit einem schier unmöglichen Coup konfrontiert, für den ihnen als letzte Möglichkeit nur ein Manöver in den Sinn kommt: Einen "Triple 9" auslösen, was im Polizei-Code einen Officer am Boden bedeutet...




Meinung:
Wer sich in jüngerer Vergangenheit mit der absoluten Speerspitze des Cop-Genres beschäftigte, stieß unweigerlich auf die von Publikum und Kritikern gefeierte erste Season des Serien-Hits "True Detective". Autor Nic Pizzolatto schuf einen Krimi-Plot, der grimmigen Nihilismus, surreale Mythologie, philosophisch angehauchte Dialoge, atmosphärische Wucht und ein grandios harmonierendes Hauptdarsteller-Duo in Form von Matthew McConaughey und Woody Harrelson enthielt. Diese Serie ist es, die einem stellenweise in den Sinn kommt, wenn man sich John Hillcoats "Triple 9" ansieht.


Alkohol kann bei diesem Job selten schaden
Gemäß dem Ratschlag, man beginnt am besten immer mit einem Knall, wird dieser Film von einem exzellent inszenierten, furios choreographierten Einstieg in Form eines Banküberfalls eröffnet. Hillcoat hat sein Handwerk als Regisseur definitiv verstanden und schafft es, den Zuschauer ab der ersten Minute in eine düstere Welt zu ziehen, die aus korrupten Cops, finsteren Russen-Mafia-Schergen, exzessiver Gewalt und bedrohlichem Pessimismus besteht. Zusammen mit dem wuchtig wummernden Score, an dem unter anderem auch Atticus Ross mitwirkte, hat der Regisseur mit diesem Film ein oftmals förmlich um sich schlagendes Atmosphäre-Monstrum geschaffen, das es in sich hat. Die Art und Weise, wie hier herkömmliche Razzien in unsicheren Gang-Gebieten, hitzige Schusswechsel oder angespannte Begegnungen wie Ausschnitte direkt aus der Hölle wirken, erinnert zudem an manchen Stellen an Denis Villeneuves "Sicario", der kürzlich eine ähnlich kraftvolle Aura ausstrahlte. Diese packende Inszenierung ist für "Triple 9" von ungeheurer Wichtigkeit, denn ansonsten folgt das Drehbuch von Matt Cook einem generischen Malen-nach-Zahlen-Cop-Thriller-Formular, in dem sich unglücklicherweise viel zu viele Figuren auf einmal befinden, deren Charakterisierung sträflich übergangen wird zugunsten des Abgrasens mal mehr, mal weniger bedeutender Plot-Punkte.


Spielt bemüht fies, kriegt aber wenig zu tun: Kate Winslet
Ein weiteres Argument für diesen Film ist der beeindruckend zusammengestellte Cast. Mit Woody Harrelson, Kate Winslet, Casey Affleck, Chiwetel Ejiofor, Aaron Paul, Norman Reedus und noch einigen weiteren namhaften Stars hat man hier ein Ensemble, das aus alteingesessenen Publikumsmagneten, beliebten TV-Gesichtern oder momentan angesagten Oscar-Namen besteht. Dabei wird dem Streifen gerade diese Ansammlung vielversprechender, aufmerksamkeitserregender Darsteller paradoxerweise ein wenig zum Verhängnis. Wenn Aaron Paul auf der Bildfläche erscheint, werden viele automatisch an die grandios ausgearbeitete Figur des Junkies Jesse Pinkman aus "Breaking Bad" erinnert, während andere bei Norman Reedus an den Fan-Liebling Daryl Dixon aus "The Walking Dead" denken oder bei Kate Winslet eine Performance erwarten, die der talentierten Charakterdarstellerin würdig ist. Es sind diese Erwartungen und Vorstellungen, die man automatisch an einen solchen Cast stellt, welche der Film entweder bewusst oder unbewusst unterläuft, enttäuscht oder auch subversiv vor den Kopf stößt. Für Entfaltung bleibt den Figuren kaum Raum, immer wieder wechselt das Geschehen von einem Charakter zum anderen, während man in der nächsten Szene daran erinnert wird, dass der und der Schauspieler ja auch noch mit von der Partie ist.


Am besten lässt sich "Triple 9" daher als knallharte, atmosphärisch ebenso bedrückende wie packende Genre-Fingerübung betrachten, in der für ausufernde Emotionen, komplex gezeichnete Charaktere und clevere Überraschungen wenig Platz ist. Viel mehr verlangt der Film von seinem Publikum, dass es sich in diesem grimmigen Höllenschlund treiben lässt, von einer pessimistischen Situation über die verschwitzten Figuren hin zum nächsten Inferno, bis man am Ende gute Lust verspürt, eine Dusche zu nehmen. 


6 von 10 abgetrennte Köpfe



von Pat

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