Review: BARCA – DER TRAUM VOM PERFEKTEN SPIEL - Uninspiriertes Historien-Heimspiel mit Überverlängerung



Fakten:
Barca – Der Traum vom perfekten Spiel (Barca Dreams)
Spanien. 2015. Regie: Jordi Llompart. mit: Lionel Messi, Pep Guardiola, Andrés Iniesta, Johan Cruyff, Eric Abidal, Ramon Besa, Xavier Herandez, Ronald Koeman, José Ramón Alexanko, Gary Lineker, Gerard Piqué u.a. Länge: 120 Minuten. FSK: freigegeben ohne Altersbeschränkung. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.


Story:
Barcelona – eine Stadt, ein Team, ein weltweiter Kult. Seit nunmehr über einem Jahrhundert ist der katalanische Vereinsclub eine nicht mehr aus dem internationalen Sportwettbewerb wegzudenkendes Synonym für erstklassigen Fußball, weltweit längst über die Grenzen Spaniens und der globalen Fangemeinde hinausreichend geachtet und verehrt. Selbst die größten Kulturbanausen werden neben genervtem Stirnrunzeln ebenso wie feuereifrige Fans widerstrebend und wissend nicken, wenn Namen wie Lionel Messi, Pep Guardiola oder Andrés Iniesta fallen.




Meinung:
Der amerikanisch-spanische Dokumentarfilmer Jordi Llompart will nun mit seinem Film „Barça– Der Traum vom perfekten Spiel“ dem Phänomen auch filmisch ein Denkmal setzen, tief ins für den Mannschaftssport schlagende Herz vordringen und dort die großen Geheimnisse lüften, wie es großspurig auf dem DVD Cover heißt. Auch wenn er weder in den ersten, noch den üppigen 116 Folgeminuten diese vollmundigen Versprechen einlösen kann, so ist der Anfang durchaus gelungen. Lediglich mit den tiefen Atemzügen, den Schritten auf dem Rasen, undeutlichen Rufen der Mannschaftskollegen zueinander und den bis zum entscheidenden Tor stummgeschalteten Zuschauermassen auf der Tonspur, macht die Eröffnungssequenz es erfahrbar, wie es sich anfühlen, anhören muss, dort im Camp Nou vor Tausenden johlenden Fans um einen Meisterschaftstitel zu kämpfen. Die pathetischen Zeitlupenbilder erinnern dabei ein ums andere Mal an Sönke Wortmanns „Das Wunder von Bern“, verfehlen aber keineswegs ihre Wirkung.


Bild aus vergangenen Zeiten
Nach diesem atmosphärischen Auftakt, begibt sich Barça jedoch nicht hinter die Kulissen, wie etwa Wortmanns „Sommermärchen“ in die Mannschaftskabinen, sondern entpuppt sich als filmischer Museumsbesuch, bei dem 115 Jahre Vereinsgeschichte in etwa genauso viel Laufzeit chronologisch aufgerollt werden. Geradezu schulmeisterlich bebildert man die Gründung durch den Schweizer Joan Gumper in den frühen 1900er Jahren, die Auswirkungen zur Zeit des spanischen Bürgerkrieges und der Franco-Diktatur sowie des Zweiten Weltkriegs. Wie auf einer Checkliste hakt die Dokumentation die prägendsten Ereignisse in teilweise stummfilmhaften Originalaufnahmen und Interviews ab, bei denen sich ehemalige wie derzeitige Spieler von Graham Hunter bis Messi mit Sportjournalisten und permanenten Lobeshymnen gegenseitig die Bälle zuspielen, aber kaum einmal Mitglieder der weltweiten Fanclubs ihre Liebe zum Verein vor der Kamera Luft machen dürfen. Stur arbeitet sich „Barça“ an einem schnurgeraden roten Faden ab, ohne dabei sonderlich in die Tiefe zu gehen. Die unliebsameren Aspekte, wie das ständige hin-und herschieben von Spitzenspielern, Trainern, oder exorbitanten Geldsummen zwischen den Vereinen innerhalb des internationalen Fußballs, lässt man zwar nicht direkt unter den Tisch fallen, reißt man aber bestenfalls oberflächlich an, um es dann unter den Kunstrasen zu kehren.


Modisch immer wieder en vouge, die Jungs von Barca
Doping-Vorwürfe gegen Lionel Messi, der Einfluss des Franco-Regimes, die Umstände des Selbstmordes von Gründer Gumper, die Phase der Depression in den 60er Jahren als Kontrastprogramm zur aufkommenden Weltoffenheit außerhalb von Spanien – all das findet zweifellos Erwähnung, wirkt aber höhepunktarm und wie aus dem Lehrbuch artig abgespult. Später gelingt es Regisseur Llompart aber immerhin, den Fokus auf die ganz großen Persönlichkeiten zu richten. Als Schlüsselfigur für den durchschlagenden Erfolg der Katalanen positioniert sich der Spieler und spätere Vereinstrainer Johan Cruyff, der Barça mit seiner Idee vom „totalen Fußball“ revolutionierte. Auch Wunderkind Lionel Messi, der mit gerade einmal 13 Jahren seine Familie in Argentinien für eine bessere Zukunft zurückließ, und allen voran Josep „Pep“ Guardiola, welcher u.a. von 1990 bis 2001 für Barcelona im Mittelfeld spielte und diesen Sommer nach dreijähriger Trainerschaft vom 1. FC Bayern München zum Premier-League Team von Manchester City wechseln wird, bekommen ihren Platz in der dokumentarischen Ruhmeshalle des gebürtigen Katalanen, der sich spätestens nach der Hälfte der Laufzeit als glühender Barça-Fan offenbart haben sollte und zum langatmigen Ende hin kaum noch eine gesunde Distanz zu bewahren scheint.


So ist „Barça“ allenfalls für hartgesottene Fans sehenswert,die die schamlose Heiligenverehrung nicht stören wird,, die man hier sich selbst schulterklopfend zelebriert, während desinteressierte Fußball-Boykottierer sich allenfalls am Kopf kratzen, darüber wundern, was sie gerade gesehen haben und dann achselzuckend weiterschlafen werden, denn wie so viele andere ist auch der „Traum vom perfekten Spiel“ nach dem Aufwachen gleich schon wieder vergessen.


4 von 10 müden Lattenknallern

von Dominik Koe

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