Review: DER VATER MEINER BESTEN FREUNDIN - Die nächste französische Sommerkomödie?



Fakten:
Der Vater meiner besten Freundin (Un moment d’égarement)
F. 2015. Regie: Jean-Francois Richet. Buch: Lisa Azuelos, Jean-Francois Richet. Mit: Vincent Cassel, Francois Cluzet, Alice Isaaz, Lola Le Lann, Philippe Nahon, Annelise Hesme, ua. Länge: 105 Minuten. FSK: freigegeben ab 12 Jahren. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.


Story:
Die besten Freunde Antoine und Laurent fahren mit ihren Töchtern Marie und Louna zu Antoines Landhaus auf Korsika, um gemeinsam den Urlaub zu verbringen. Die Probleme beginnen, als Louna sich an den Vater ihrer besten Freundin ranschmeißt und die beiden ein paar zärtliche Momente am Strand verbringen.



                                                                            
Meinung:
Die modernen Komödien aus dem Nachbarland Frankreich zeichnen sich oft durch das spielen mit Klischees, Tabus und der Moral aus, was den Filmen mal mehr mal weniger gelingt. So gelang es der französischen Filmproduktion schon, den ein oder anderen Hit zu produzieren (man denke an „Willkommen bei den Sch’tis“). Ebenso konsequent wurden allerdings schon manche Komödien krass in den Sand gesetzt, wofür „Mama gegen Papa“ als Beispiel dient. Und dennoch haben französische Komödien ein relativ gutes Standing in den Köpfen des Mainstream-Kinopublikums, wodurch die Hauptverantwortlichen bekannter Filme schnell als Argument für das Sehen weiterer Filme dient. Francois Cluzet ist einer dieser Schauspieler, der seit seiner Rolle in dem sagenhaft erfolgreichen „Ziemlich beste Freunde“ wohl stets auffallen wird. Ergo wurde auch „Der Vater meiner besten Freundin“ als Komödie vermarktet; ein Umstand, den der Verfasser dieser Zeilen zu keiner Zeit nachvollziehen konnte.


Die Waffen werden entsichert...
Und das liegt gar nicht einmal an der altbekannten Tatsache, dass manche über bestimmte Witze halt lachen und andere nicht. Das Problem ist hier nämlich, dass weder die Geschichte, noch die Ausführung wirklich komödiantisches Potenzial aufweisen. Natürlich sind vereinzelte Momente humoristisch aufgezogen, aber das Genre, dem der Film insgesamt zuzuordnen ist, ist das des Dramas. Zwar macht der Film anfangs noch den Eindruck der typischen, modernen und amerikanischen Komödie (was dem Film grandios misslingt, nur um das einmal zu verdeutlichen), aber der komische Anstrich des Films verfliegt komplett nach knapp 20 Minuten und bleibt bis zum Ende des Films in der Versenkung, in die er verschwunden ist. Da fehlt dann auch das, was die französische Sommer-Komödie ausmacht. Kein Spiel mit Minderheiten, kein Culture-Clash. Ein Klischee konnte man ausmachen. Und zwar das des rassistischen Korsika-Bewohners - ein Witz, der leider so untergeht, dass er von einer weiteren Figur erklärt werden muss. Um es in aller Klarheit noch einmal zu sagen: Bei „Der Vater meiner besten Freundin“ handelt es sich mitnichten um eine Komödie. Wer mehr Werke im Sinne der eingangs erwähnten Komödien sehen will, der ist hier an der falschen Adresse.


...offenbar mit Erfolg.
Denn der Regisseur Jean-Francois Richet, der vor ein paar Jahren mit den beiden „Public Enemy No.1“-Filmen auf sich aufmerksam machen konnte, arbeitet hier nicht nur erneut mit Vincent Cassel zusammen, er inszeniert de facto auch eine humorlose aber fatale Geschichte über zwei Männer, die sich auf einem selbstzerstörerischen Kurs befinden. Denn die beiden Väter und besten Freunde Laurent (Cassel) und Antoine (Cluzet) fahren mit ihren bildhübschen Töchtern Marie (wirklich richtig gut: Alice Isaaz) und Louna (Lola Le Lann, deren Rollenname nicht zufällig an Lolita erinnert) nach Korsika und verbringen ein paar Tage gemeinsam im Landhaus. Während Laurent nach einem „Fehler“ versucht, sich Louna vom Hals zu halten, die keine Gelegenheit auslässt, um sich an ihn ranzuschmeißen und sich vor ihm auszuziehen, ist Antoine besessen davon, alle Lebewesen, die sich ihm nähern und in sein „Territorium“ (sei es räumlicher oder ethischer Natur) eindringen. Er ist besessen vom Kampf, von Konflikten, von Gewalt und Tod, so scheint es, wenn er zähnefletschend mit seinem Gewehr im Garten herumpirscht und den Menschen beäugt, dem er gleich eine Faust ins Gesicht drücken wird. In der blinden Wut von Antoine und dem beschämten Verhalten von Laurent vergessen die beiden, dass sie mit ihren Töchtern die wichtigsten Menschen vergessen und weiterhin extrem bevormunden, indem sie ihnen keinerlei Freiheiten gewähren oder nicht ehrlich zu ihnen sind.


„Der Vater meiner besten Freundin“ ist schlicht und ergreifend keine Komödie, auch wenn die Werbung es einem gern Glauben machen würde. Der Film ist voll von moralischen Konflikten und (teilweise arg konstruierten) Spannungsmomenten, aber leer von Humor jeglicher Natur. Dank der Tatsache, dass drei der vier Hauptdarsteller ihren Job wirklich gut machen (Vincent Cassels Ausstrahlung ist ja eh eine Nummer für sich), verläuft die Geschichte nicht irgendwo im Sande, obwohl die Inszenierung an sich immer wieder etwas missraten daherkommt, sodass ein Gefühl für das große Ganze nie entstehen mag. Simpel gestrickt, mit teilweise interessanten Motiven, die jedoch letztendlich totgeritten werden, wird das Drama nie wirklich richtig interessant, da es dann doch zu vorhersehbar und altbekannt bleibt, um den Zuschauer aus der Reserve zu locken. Gute Darsteller machen leider noch keinen guten Film.

5 von 10 Psycho-Spielchen

von Smooli

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