Review: LET US PREY - Abrechnung zur Geisterstunde



Fakten:
Let Us Prey
GB, IR, 2014. Regie: Brian O’Malley. Buch: David Cairns, Fiona Watson. Mit: Liam Cunningham, Pollyanna McIntosh, Bryan Larkin, Hanna Stanbridge, Douglas Russell, Niall Greig Fulton, Jonathan Watson, Brian Vernel, James McCreadie u.a. Länge: 92 Minuten. FSK: Keine Freigabe. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.



Story:
Die junge Polizistin Rachel ist gerade auf dem Weg zu ihrer ersten Nachtschicht in einem Kaff in Schottland. Dort wird sie Zeuge eines Autounfalls, dessen Opfer scheinbar spurlos verschwindet. Im Revier angekommen, muss sich Rachel den Sticheleien ihrer misstrauischen und zwielichtigen Kollegen erwehren, als plötzlich das Unfallopfer auftaucht. Die Herkunft des schweigsamen Mannes ist völlig rätselhaft, zudem übt der Fremde einen dunklen Einfluss auf die inhaftierten Sträflinge aus. Schon bald scheint die Hölle auf Erden auszubrechen…






Meinung:
„Die Dinge, die ich gesehen habe, würden Engel zum Weinen bringen. Und sie haben geweint.“

Das noch relativ frische Label PIERROT LE FOU hat sich mit wenigen Ausnahmen konsequent der harten, nicht jugendfreien Linie verschrieben. Neben Thrillern, Actionfilmen und Erotik zählen dazu natürlich auch Horrorfilme, gerne auch welche der Sorte, die unsere FSK so nicht gerne sieht. Schon einige Filme fielen durch deren Prüfung, was das Label zur doppelten Veröffentlichungspolitik nutzte. Für den freien Markt eine gekürzte Fassung, über die gängigen Umwege (und den entsprechenden Preisaufschlag) eine Uncut-Edition, die dafür in schicker Aufmachung und im Mediabook, damit der tiefere Griff in die Tasche nicht ganz so wehtut. Wie zuletzt beim Weihnachtsslasher „Silent Night“ nun auch bei „Let Us Prey“, dem Spielfilm des bis dahin als Werbe- und Kurzfilmer tätigen Regisseurs Brian O’Malley.


Logenplatz für die Selbstzerfleischung.
Seine Wurzeln lässt er gleich zu Beginn erkennen, wenn „Let Us Prey“ sich optisch durchaus beeindruckend präsentiert. Begleitet von einer Schar Krähen taucht ein mysteriöser Mann an der schottischen Küste auf, offensichtlich mit einem klaren Ziel vor Augen. Sein Weg führt ihn in die Straßen eines des nachts gottverlassen scheinenden Örtchens, während sich seine geflügelten Begleiter auf den Dächern sammeln, wartend auf das, was noch kommen soll. Dieser Einstieg gelingt O’Malley hervorragend und zunächst gestaltet sich sein Film gar nicht mal als die angekündigte Blutkeule, viel mehr stehen Stimmung und Bedrohung im Fokus der Präsentation. Offenkundig als Hommage an die goldenen Jahre des (einstigen, so traurig das ist) Genregenies John Carpenter angelegt. Nicht nur der minimal Synthesizersound erinnert an die frühen Werke des Meisters, schnell kommen Erinnerungen an dessen zweiten Spielfilm „Assault – Anschlag bei Nacht“ auf, wenn sich das Geschehen in das Polizeirevier des (angeblich) mausgrauen Kaffs verlegt. Diesmal kommt die Bedrohung jedoch nicht von außen, sie lauert im Inneren. Damit ist nicht nur der räumliche Aspekt gemeint: Auch hinter den Vorhängen, den Haustüren, in den Straßengräben der kleinen Gemeinde liegen dunkle Geheimnisse verborgen, ebenso wie in den Köpfen ihrer schwärzesten Schafe, die sich – wie der Zufall (?) so will – in dieser Nacht alle in dem Revier einfinden.


Nicht Jesus, nicht Arnie, hier grillt der Chef noch selbst.
Der Fremde liest in ihnen wie in offenen Büchern, konfrontiert sie mit ihren Leichen im Keller und beschwört somit zusehend die Eskalation herauf, ohne jemals wirklich aktiv eingreifen zu müssen. Dafür ist er nicht hier, seine Aufgabe liegt mehr im Überbringen der Nachricht und dem Einfordern des Preises, wenn die Stunde geschlagen hat. „Let Us Prey“ ist besonders in diesem Teil sehr vielversprechend, wenn sich dieser bemerkenswert inszenierte Erstling noch auf seine unheilvolle, mysteriöse Bedrohung konzentriert, wobei hier schon ersichtlich ist, das er die Kreativität nicht mit dem großen Löffel gefressen hat. Ähnliche Konstellationen gab es über die Jahre immer wieder und die erfahrenen Genrefans sollten vom weiteren Verlauf der Handlung nicht sonderlich überrascht werden. Dennoch dürfte es dem Film gelingen, auch von ihnen viele abzuholen, zu fachkundig und fingerfertig wird das Ganze vorgetragen, das vor sich hin schwelende, drohende Inferno bereits vor Augen, dass sich nach gut der Hälfte mit brachialer Härte entlädt. Nun werden die hungernden Gore-Hounds auch endlich zum Futternapf geführt, nach der Devise „Here Comes The Pain“ werden die Sünder genüsslich in den blutigen Beichtstuhl gedrückt, inklusive selbstgelegtem Fegefeuer und einem Overkill an biblischen Zitaten, die in dieser Penetranz schon gehörig die Nerven strapazieren.


„Let Us Prey“ macht nur keine Gefangenen mehr, er verarbeitet sie zu Hackfleisch. Dadurch büßt der Film natürlich seine einst starke Stimmung ein gutes Stück ein und lässt darüber hinaus die vielleicht doch noch erhofften Überraschungen vermissen. Überdeutlich bedient man sich mit beiden Händen im Fundus des Horrorfilms der letzten Jahrzehnte, packt wenig bis gar nichts Eigenes dazu und zeigt sich im Finale schon etwas platt und abgedroschen, rein den Akt der rohen Zerstörung vor Augen. Das macht er dafür nicht schlecht. Die eventuell höher gesteckten Erwartungen kann er letztlich nicht erfüllen und ist nicht mehr als ein technisch gut bis sogar sehr gut umgesetzter Genrebeitrag, der sich für zwischendurch aber allemal eignet. Macht leicht Hoffnung auf mehr, denn Brian O’Malley scheint was zu können. Wieviel, das wird die Zukunft zeigen. 

6 von 10 verglühten Streichhölzern

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