Review: PIETA – Der Schuldeneintreiber und seine Mama




Fakten:
Pieta
Südkorea. 2012. Regie und Buch: Kim Ki-duk. Mit: Lee Jung-jin, Cho Min-soo, Jo Jae-ryong, Eunjin Kang, Kim Jae-rok u.a. Länge: 104 Minuten. FSK: Ab 16 Jahren freigegeben. Auf DVD und Blu-Ray erhältlich.


Story:
Lee Kang-do (Jung-jin Lee) ist ein Schuldeneintreiber. Aber nicht wie der nette Herr vom Finanzamt, sondern ein brutaler Schläger, der mit größter Gewalt vorgeht. Er arbeitet für skrupellose Hintermänner und kennt keinerlei Erbarmen. Wenn seine „Kunden“ die Schulden nebst horrenden Zinsen nicht bezahlen können, dann werden sie eben zum Krüppel geprügelt – für Kang-do eine Selbstverständlichkeit. Bis zu dem Tag, als eine merkwürdige Frau (Cho Min-Soo ) in sein Leben tritt, die doch tatsächlich behauptet, sie sei seine Mutter. Kang-do, der bisher immer glaubte, er sei eine Waise, kann das nicht glauben und doch ändert sich damit alles…





Meinung:
Drei Jahre lang hat sich Kim Ki-duk vom Filmgeschäft gänzlich zurückgezogen. Er brauchte eine Pause, musste sich neu sortieren und neue Kraft tanken. 2012 meldete er sich dann mit seinem Film „Pieta“ eindrucksvoll zurück, gewann sogar den Goldenen Löwen bei den Filmfestspielen von Venedig und bedeuete für Kim auch eine Art Neubeginn als Regisseur, wie er selbst erklärte. Kraftvoll und intensiv inszeniert Ki-duk Kim dieses koreanische Thriller-Drama über Schuld, Vergebung und vor allem Mitleid, welches auch im Titel des Films wiederzufinden ist. Die Pieta ist nämlich die italienische Bezeichnung für Mitleid und gleichzeitig der Titel einer Skulptur Berninis, die Maria zeigt wie sie den Leichnam Jesu in ihrem Schoß hält. Dazu ist die Liebe ein zentrales Motiv des Films. Die Liebe von Eltern zu ihren Kindern und die Leere, die entsteht, wenn man von dieser Liebe nichts erfahren kann. Eine Liebe aber eben auch, wie sie Maria für Jesus übrige hatte.


Mutti mischt das Leben des wortkargen Mannes auf
Allerdings lässt sich Kim ein paar Mal zu oft auf die christliche Symbolik ein und auch wenn die Inspiration für diesen Film eben aus dem Vatikan kommt, so wirkt es dann doch immer wieder ein bisschen zu aufdringlich. Jedoch nur in diesen Szenen, denn ansonsten wirkt der Film unglaublich subtil. Die eigentlich extrem brutale Gewalt wird angenehmerweise oft nur angedeutet und eher indirekt präsentiert. Natürlich fließt auch das Blut in rauen Mengen, aber der Akt der Gewalt wird dem Zuschauer eher durch Reaktionen, durch Blicke und Schreie näher gebracht. Das ist dann allerdings noch viel heftiger, als wenn man die Brutalität mit eigenen Augen sehen muss, und sicher nichts für zarte Gemüter. Brutal und gleichzeitig zurückgenommen und sensibel, das gibt es nicht oft und Kim baut diese Zurückgenommenheit noch weiter aus, wenn er den Score nur sehr ruhig einfließen lässt und selbst die Darsteller für koreanische Verhältnisse sehr dezent agieren, zumindest nicht so übertrieben, wie man es in anderen Filmen aus Fernost zu sehen bekommt. Die Wandlung von Lee Kang-do (Jung-jin Lee) vom eiskalten, skrupellosen Geldeintreiber hin zum liebenden Sohn wirkt dadurch enorm glaubwürdig und auch seine Filmmama Mi-Son (Cho Min-Soo) schafft es, gleichzeitig Wärme auszustrahlen und doch stets undurchsichtig zu bleiben. Sie erscheint diszipliniert und gleichzeitig so unglaublich zerbrechlich. Toll.


Besonders sehenswert ist es aber, wenn man den dritten Hauptdarsteller betrachtet, nämlich das Geld. Der schnöde Mammon ist Ursache allen Übels, Auslöser dieser Geschichte und ihrer Entwicklung. Das Gewinnstreben der unbekannten Geldverleiher bringt die Sache erst ins Rollen. Und im Grunde ist es somit der Kapitalismus, der für Gewalt, Verletzung, Leid und Tod verantwortlich ist. Dies vor allem in eine Art verspätete Coming-of-Age-Geschichte eines jungen Mannes und seiner vermeintlichen Mutter einzubauen, das ist schon aller Ehren wert und bringt dem Film auch die zusätzliche Würze, die anderen ähnlich gelagerten Filmen oft fehlt.


8 von 10 abgeschnittene Hände

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