Review: MALIZIA - EIN MALIZIÖSES VERGNÜGEN - Eine nötige Zersetzung der Coming-Of-Age-Romantisierung



Fakten:
Malizia – Ein maliziöses Vergnügen
Italien. 1973. Regie und Buch: Salvatore Samperi. Mit: Laura Antonelli, Turi Ferro, Alessandro Momo, Tina Aumont, Pino Caruso, Angela Luce, Stefano Amato, Grazia Di Marzà, Massimiliano Filoni u.a. Länge: 98 Minuten. FSK: freigegeben ab 18 Jahren. Auf DVD erhältlich.


Story:
Die hübsche Angela tritt ihre Dienste als Hausmädchen beim Witwer Don Ignazio an. Schnell sorgt die junge Frau für Spannungen zwischen dem Hausherren und seinem ältesten Sohn Nino. Als Ignazio Angela einen Heiratsantrag macht, verlangt diese das Einverständnis seiner Söhne.





Meinung:
Eine recht wohlhabende Familie mit 3 Söhnen verliert ihre Mutter. Schnell wird jedoch klar, dass die für diesen Anlass natürliche Trauer kaum vorhanden ist, die Beerdigung als überhastete Pflicht über die Bühne gebracht wird und nicht mal Fliegen von der Nase der Verstorbenen verscheucht werden, schließlich hat der betroffene Witwer eine abergläubische Furcht vor seiner Frau über den Tod hinaus, dass ihr Geist über dem Haus wachen könnte, obwohl er sich doch so dringlich und endlich frei von der zugeknöpften Hausherrin ein neues, weibliches Abenteuer anlachen will.

 
Angela mag keine langen Röcke. Ob sie Unterwäsche wohl mag?
Schließlich ergeht es unserem schon arg pubertierenden Jungsgespann genauso hormonversessen, allen voran dem ca. 15-jährigen Nino, der sich allmählich für Frauen bzw. deren körperliche Reize interessiert und sich schon auf der Rückfahrt von der Beerdigung an den Schenkeln einer drallen Tante vergreift, welche offenbar nix dagegen hat und ihn des Öfteren im Verlauf des Films zu sich einlädt. Aber sein wahres Objekt der Begierde tritt sodann das Erbe der Mutter an: das neue Dienstmädchen Angela (Laura Antonelli), welches mit seiner überbordenden Weiblichkeit den abgestumpften Herren des Haushaltes komplett den Kopf verdreht, auch wenn sie das selbst gar nicht so wahrnimmt. Schließlich buhlen die Buben und der Vater um ihre Anerkennung und um ihren Körper, glotzen durchs Schlüsselloch und schauen unter ihren Rock, sobald sie auf die Leiter steigt. Unseren Nino trifft es am Härtesten und so entfacht sich in ihm die rücksichtslose Lust, angetrieben durch das Macho-Geprotze auf dem Schulhof, sie zu erobern. Doch sein Vater will ihm zuvorkommen und Angela heiraten, was sie wiederum leicht widerwillig akzeptiert, da sie als Dienerin, sprich 'untere Person', zu gehorchen hat. Doch Nino will sie für sich allein und manipuliert ihren Einstand in die Familie so, dass sie beinahe niemals als Nachfolgerin der Mutter akzeptiert werden kann - ein Umstand, den nur noch der Priester, ein Freund des Vaters, zu brechen vermag.


Sorgt für Trouble: Angela
Doch hinter den Kulissen wird Angela klar, welchem herrischen Scheusal sie jetzt unterworfen ist: Nino, der pubertierende Forschsüchtige, der seine perfiden Spielchen mit ihr treibt und sie schließlich so zum Beischlaf verführen/erpressen will. MALIZIA ist ein recht kunstvoller Taumel der Leidenschaft, erhebt sich genüsslich in der fiebrigen Spannung des mediterranen Temperaments und seines ambivalent-katholischen Glaubensritus, konstruiert allerdings auch einen bitteren und abtrünnigen Abstieg in die Obsession, deren Opfer die unschuldige Angela wird. Unterstützt von einer außerordentlich schönen Kameraarbeit und Musikuntermalung gestaltet Regisseur Salvatore Samperi dieses erotische Szenario als tiefschwarze, diabolische Komödie und entlarvt naive Coming-Of-Age-Fantasien als tyrannische Chauvinismus-Farce. So macht er den Zuschauer auch zeitweilig zum freiwilligen Voyeur der holden Weiblichkeit und lässt uns mit dem noch unbelasteten Nino identifizieren - man wünscht ihm, dass er seine große Liebe Angela erobern darf, ähnlich wie in Tornatore's 'Der Zauber von Malèna'. Doch je ärger er sich um dieses Unterfangen bemüht, erkennen wir seine hässliche und manipulative Fratze, hat er es doch nur darauf abgesehen, in sie einzudringen und zu unterwerfen. Wir sehen sie dazu im Gegenschnitt immer stärker leiden, im erbitterten Widerwillen führt sie schließlich das aus, was man von ihr verlangt, dass sie schon zu einer Hure degradiert wird.


Das sitzt, vor allem beim männlichen Zuschauer. Da möchte man nämlich am Liebsten der armen Angela aushelfen und sie wie einen echten Menschen behandeln. Schließlich endet dort alles sowohl im unterschwelligen Wahnsinn, als auch oberflächlich in der konservativen Fesselung an eine fast vollends verkommene Familie. Armes Ding - und beinahe schon ein unverhältnismäßig fieser Film, der mir mit seinem Handling auch nicht sofort zusprach, weil ich glaubte ein zwar schön gestaltetes, aber äußerst chauvinistisch-masochistisches Werk gesehen zu haben. Aber da ich und der Film den kleinen Nino am Ende als schockierend-selbstgefälliges Monster gesehen haben, dass mit psychischer Gewalt an sein Ziel kam und infolgedessen so abgebrüht ist, dass es kaum noch lieben kann, waren die Linien klar gezogen. Und dennoch, das muss ich schon zugeben und dabei wie das Männer-Schwein aussehen, welches ich garantiert in mir habe: die Antonelli nackt zu sehen, ist an sich eigentlich nicht wirklich was Verkehrtes. Aber es ist nun mal falsch, wenn man sie dazu zwingen muss. Lasst euch das eine Lehre sein.


7 von 10 reizvollen Schlüssellöchern


vom Witte

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