Review: BELLE UND SEBASTIAN – Ein Abenteuer, das viele Fragen aufwirft



Fakten:
Belle und Sebastian (Belle et Sébastien)
Frankreich. 2013. Regie: Nicolas Vanier. Buch: Nicolas Vanier, Juliette Sales, Fabien Suarez. Mit: Tchéky Karyo, Dimitri Storoge, Margaux Chatelier, Félix Bossuet, Andreas Pietschmann, Urbain Cancelier, Mehdi u.a. Länge: 104 Minuten. FSK: Ohne Altersbeschränkung freigegeben. Ab 15. April auf DVD und Blu-Ray erhältlich.


Story:
Sommer 1943. Der kleine Sebastian lebt in den französischen Alpen bei seiner Pflegefamilie, seine Mutter lebt angeblich in Amerika, gleich auf der anderen Seite der Alpen. Tagsüber streift er mit dem alten Cesar durch die Berge. Als im Dorf das Gerücht die Runde macht, eine Bestie würde ihre Ziegen töten, da gehen die Männer auf die Suche nach ihr. Auch Sebastian macht sich auf und findet die „Bestie“ – einen großen, sanftmütigen Hund, den er Belle nennt und mit dem er sich anfreundet. Während er seine neue Freundin vor den aufgebrachten Dorfbewohnern verstecken muss, kommen Nazis in das kleine Dorf und für Sebastian und Belle soll damit ein gefährliches Abenteuer beginnen.




Meinung:
„Belle und Sebastian“ ist schon ein Phänomen. Auf der ganzen Welt scheint diese Kombination aus zwei Namen und einer Konjunktion bekannt zu sein. In Japan zum Beispiel, da gibt es eine Anime-Serie mit diesem Titel. Und in England hat sich eine Indie-Pop-Band so genannt. Egal aber wo man diesen Namen nun schon einmal gehört hat, er bezieht sich stets auf das Kinderbuch der französischen Autorin, Schauspielerin und Regisseurin Cécile Aubry. Dieses Buch, in dem sich der Waisenjunge Sebastian mit der großen, weißen Hündin Belle anfreundet, hat die Autorin dann auch selbst in eine TV-Serie in den späten 60er Jahren umgesetzt. Und nun, wenige Jahre nach dem Tod Aubrys, wurde diese Geschichte auch in einem Spielfilm verarbeitet.


Belle und Sebastian verstecken sich vor den Dorfbewohnern
Der Film spielt in den französischen Alpen, wo der kleine Sebastian bei einer Pflegefamilie lebt, weil seine Mutter, wie ihm erzählt wurde, nach Amerika gegangen ist. Und dieses gebirgige Panorama nutzt der Film schon zu Beginn eindrucksvoll aus. Weite Einstellungen der kargen, unberührten Natur bringen den Zuschauer gleich in die richtige Stimmung, die „Belle und Sebastian“ visuell äußerst sehenswert macht. Eine Stimmung, die uns in eine vergangene Zeit zurückentführt, in der der Alltag noch nicht von Technik bestimmt wurde, in der die Alpen noch nicht zum hypermodernen Tourismus-Standort geworden sind – und in eine Zeit, in der es Krieg gab. 1943. Aber von diesem Krieg bekommt Sebastian eigentlich wenig mit, stattdessen streift der Junge mit dem alten César durch die Natur und genießt die Idylle. Als eines Tages von einer „Bestie“ gesprochen wird, auf die die Männer des Bergdorfes Jagd machen wollen, da ist auch unser kleiner Held dabei. Er findet die Bestie und merkt, dass es einfach nur eine große, weiße und sanftmütige Hündin ist, mit der sich der Einzelgänger anfreundet.


Diese Geschichte ist aber eigentlich nur Ausgangspunkt für viel mehr. Es ist kein verkitschter, typischer Kinderfilm, wie man sie zur Genüge kennt. Es ist eben nicht nur eine Geschichte über Vertrauen, Freundschaft, Einsamkeit, Familie und das Erfahren der Welt. Das ist natürlich auch dabei, klar. Und das ist auch die Hauptthematik. Ein Abenteuer, das das ungleiche Paar gemeinsam erlebt. Aber in „Belle und Sebastian“ spielen auch zeitgeschichtliche Ereignisse eine wichtige Rolle, die für die eigentliche Zielgruppe, nämlich Kinder, unweigerlich einige Fragen aufwerfen werden. Was sind denn diese Nazis? Warum verfolgen sie andere Menschen, warum ausgerechnet die Juden? Und vieles mehr. Und in der parallelen Erzählweise zweier Jagden, einmal die Bewohner auf die Bestie, das anderemal die Nazis nach den Juden, könnten diese Fragen ein Grudgerüst erhalten, das viele Kinder beschäftigen wird. Darum sollte dieser Film nicht unbedingt alleine von Kindern gekuckt werden. Nein, es ist ein Familienfilm, verpackt in eine Abenteuer-Freundschaftsgeschichte. Alle Generationen können hier dieses Abenteuer erleben.


Denn die haben mit der Jagd bereits begonnen.
Félix Bossuet spielt Sebastian mit einer jugendlichen Unschuld, die sehr angenehm wirkt. Vielleicht mag es auch ein wenig Naivität sein und ob er jemals eine große Schauspielkarriere machen wird, das steht ohnehin in den Sternen, aber in dieser Rolle blüht der Kleine auf. Einzig vielleicht noch bekanntes Gesicht ist Tchéky Karyo, der auch schon in Hollywood den ein- oder anderen Auftritt vorweisen kann. Er und auch die anderen, wahrscheinlich nur in Frankreich bekannten Darsteller, machen nichts verkehrt und füge sich und ihre Charaktere wunderbar in die Geschichte ein. Mit Andreas Pietschmann hat sich übrigens auch ein deutscher Schauspieler in den Cast geschlichen, der manch einem aus verschiedenen hiesigen TV-Produktion bekannt sein könnte. Oder auch nicht.


Insgesamt ist „Belle und Sebastian“ sicher kein Meilenstein der Kinderfilmgeschichte, der noch in den nächsten Generationen gekuckt wird. Aber neben seinen tollen Bildern von schneebedeckten Berggipfeln, Gletschern, wilden Felsen und einigen rasanten (und für Kinder geeignete) Actionszenen kann der auch bewegen. Er führt Kinder auf eine angenehme Art an ein schwieriges und wichtiges Thema heran. Deportationen, Flucht der Juden vor den Nazis, aber auch, dass man auf sein Herz hören sollte. Unterlegt von der schönen Musik ist „Belle und Sebastian“ darum ein sehenswerter Familienfilm, der Jung und Alt gleichermaßen Spaß machen dürfte. Der uns zeigt, dass man unter die Schale kucken muss, um den wahren Kern zu sehen.


7 von 10 Schneelawinen

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen