Review: EIN MANN IN DER WILDNIS – Der Kampf ums Überleben im Nordwestterritorium



Fakten:
Ein Mann in der Wildnis (Man in the Wilderness)
Großbritannien. 1971. Regie: Richard C. Sarafian. Buch: Jack De Witt.
Mit: Richard Harris, John Huston, Dennis Waterman, Henry Wilcoxon, Percy Herbert, Norman Rossington, Prunella Ransome, Bryan Marshall, Ben Caruthers u.a. Länge: 105 Minuten. FSK: freigegeben ab 12 Jahren. Auf DVD erhältlich.


Story:
1820 leitet Captain Filmore Henry eine Expedition im amerikanischen Nordwesten. Ziel ist es, bevor der Winter schlimmer wird, den Missouri River zu erreichen. Zachary Bass, einer der mitziehenden Scouts, wird während der Jagd schwer verletzt und wird auf Henrys Befehl sterbend in der Wildnis zurückgelassen. Doch Bass kann dem Tod von der Klinge springen und verfolgt das Ziel sich an Captain Henry zu rächen.





Meinung:
Der Cineast vergisst die Bilder nie, diese von kochender Unabhängigkeit aufgeladenen Bilder, mit denen sich Richard C. Sarafians kultige Ode an die Freiheit „Fluchtpunkt San Francisco“ von Anfang bis Ende schmücken konnte. Barry Newman als koksender und das Gaspedal wie besessen durchtretender Kowalski hinter dem Steuer eines schneeweißen Dodge Challenger und vor ihm die unendlichen Meilen des Highways. Kowalski war nicht nur auf der Flucht vor der Polizei, er raste auch der seelischen Gefangenschaft seiner Zeit und den offenen Wunden seiner Vergangenheit davon: „Fluchtpunkt San Francisco, das stand für motorisierte Poesie. Im gleichen Jahr, also 1971, in dem der kürzlich Richard C. Sarafian seinen einzigen Klassiker inszenierte, begab sich der kürzlich verstorbene New Yorker mit „Ein Mann in der Wildnis“ in das Nordwestterritorium des Jahres 1820 und ließ den vollbärtigen Richard Harris als Zachary Bass im Schlamm um sein Leben kämpfen.


Ein Päuschen in Ehren für den Mann aus der Wildnis
Die Ausgangslage ist hochinteressant, und Sarafians dreckig-authentische Bildsprache zieht geradewegs in die bedrohlichen Zeiten, deren historischer Signifikanz wohl nicht mehr weiter erläutert werden muss. Zachary Bass ist dabei Teil einer großen Expedition, die ein Schiff zum Missouri River befördern muss und dabei den trügerischen Mächten und Gefahren der Natur Einhalt gebieten müssen. Das schroffe Kolorit, in Verbindung mit Johnny Harris‘ wunderbarer Kompositionen, die wohl ebenso auf jeden großen Western gelegt hätte werden könne, ohne deplatziert zu wirken, entfesselt eine authentische Atmosphäre, die in ihrer unausweichlichen Kälte den pfeifenden Wind um die Ohren des Zuschauers fegen lässt. Nachdem es dann auch zu dem energisch geschnitten Bärenangriff kam, den Bass gerade so überleben konnte, geht der eigentlich Film an die Startlinie. „Ein Mann in der Wildnis“ ist ein Survival-Abenteuer, strikt auf den Kampf seines Hauptcharakter fokussiert, von äußeren und inneren Einflüssen aber zunehmend ablenkt, was das Charakterportrait schwammig werden lässt.


„Ein Mann in der Wildnis“ hätte es gut getan, hätte er sich nur auf den Augenblick und die Entwicklung der Geschichte des leidenden, aber Schritt für Schritt zu Kräften kommenden Zachary Bass konzentriert. Das Drehbuch von Jack De Witt macht dies zum Zentrum, nur versucht es auch, Bass zu psychologisieren und – wie man es gewohnt ist von Sarafian – mit Rückblenden seinen Charakter zu definieren.  Anstatt, dass diese Rückblenden aber wirklich einen Sinn ergeben, verkomplizieren sie den Handlungsverlauf nur, lassen ihn unbalanciert und zu beladen wirken. Wenn dazu noch der allein als Bedrohung dienende Indianerstamm der Arikaree auftritt, dann ist das kein Trumpf, der die Spannungskurve anzieht, er lässt sie hingegen noch mühsamer und noch gewollter erscheinen. Atmosphärisch aber bleibt „Ein Mann in der Wildnis“ immer treffend akzentuiert und Richard Harris‘ Performance trägt ihren Teil ebenfalls zur groben Stimmung bei. Doch der Versuch, dem Ganzen unbedingt Tiefgang einzuflößen, erweist sich als großer, stockender Fehler.


5 von 10 Narben im Gesicht


von souli

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