Review: LANDHAUS DER TOTEN SEELEN - Wohnst du schon oder lebst du noch?


 

                                                                   
Fakten:
Landhaus der toten Seelen (Burnt Offerings)
USA, IT, 1976. Regie: Dan Curtis. Buch: William F. Nolan, Dan Curtis. Mit: Karen Black, Oliver Reed, Lee H. Montgomery, Bette Davis, Burgess Meredith, Eileen Heckart, Dub Taylor, Anthony James, Joseph Riley, Todd Turquand, Orin Cannon, Jim Myers. Länge: 112 Minuten. FSK: Freigegeben ab 18 Jahren. Auf DVD erhältlich.



 
Story:
Die Familie Rolf mietet für den Sommer ein luxuriöses Landhaus. Das Geschwisterpaar Allardyce überlässt es ihnen für einen Spotpreis, es gibt nur eine Bedingung: Sie müssen sich um ihre alte Mutter kümmern, die im Dachgeschoss lebt. Die alte Dame verlässt praktisch nie ihr Zimmer, die Pflege soll sich ausschliesslich auf das Zubereiten und Bereitstellen von Mahlzeiten beschränken. Augenscheinlich ein fairer Deal. Zunächst läuft alles prächtig. Marian, Ben, ihr Sohn Davey und Tante Elizabeth geniessen den Sommer. Dann häufen sich merkwürdige Vorkommnisse. Die sonst so lebenslustige und fidele Tante wird immer gebrechlicher, Vater Ben wird von verdrängten Erinnerungen geplagt, Mutter Marian zieht sich immer mehr zurück und Sohn Davey entkommt mehrfach nur knapp dem Unfalltod. Irgendwas stimmt nicht und die alte Dame aus dem Dachgeschoss bekommt auch niemand zu Gesicht. Bis auf Marian...


                                                                              

 

Fakten:
Der in der Regel nur für das Fernsehen tätige Regisseur Dan Curtis schuf mit "Landhaus der toten Seelen" 1976 einen oft unterschätzen Beitrag zum klassischen Haunted-House-Genre, der sich tatsächlich kaum hinter den grossen dieses Fachs verstecken muss. Im Gegenteil, denn in vielerlei Hinsicht bewegt er sich locker auf Augenhöhe mit Klassikern wie "Bis das Blut gefriert" von Robert Wise. Parallelen speziell zu diesem Werk sind klar zu erkennen, ohne als Plagiat durchzugehen.

"Sind wir schon da?"
Dort wie hier geht das Grauen nicht etwa von dämonischen Kräften oder Geistererscheinung in einem Haus aus, es ist das Gebäude selbst. Ein viktorianischer Landsitz, von dem eine unerklärliche Anziehungskraft wie diabolische Energie ausgeht, die Protagonisten verführt und gleichzeitig mit ihren innersten Ängsten konfrontiert. Von einem ruhigen, idyllischen Beginn schaukelt sich das Geschehen langsam hoch, die vorbildliche Bilderbuchfamilie entfremdet sich und verliert sich immer mehr in dem nicht greifbaren, leisen Grauen, das hinter der imposanten Kulisse des Sommerdomizils lauert. Der behutsame Aufbau von Dan Curtis mag für heutige Sehgewohnheiten nicht rasant genug sein, macht dabei jedoch erst die schleichende Faszination aus. Klassische Gruselfilmmotive, Suspense und eine immer dichter werden Atmosphäre - unterstützt durch den punktgenauen Score von Robert Cobert - schnüren ein von leiser Hochspannung getragenes Paket zusammen, das keine grossen Paukenschläge oder heute schon fast unvermeidliche Jump-Scares beinhaltet. Statt auf kalkulierte Schockmomente setzt Curtis auf die Bereitschaft des Zuschauers, sich eher dezent zu gruseln, der Figurenentwicklung und dem Handlungsverlauf konzentriert zu folgen, um ihn schliesslich erst zum Schluss mit einem kleinen Knall zu entlassen, der zwar nicht ganz überraschend, dafür ungemein konsequent daherkommt und dadurch noch einige Minuten nachwirkt.

Bitte einsteigen...
Speziell auf der Figurenzeichnung liegt - für so einen Genrefilm - ein hohes Mass an Bedeutung. Irren heute oft mindestens ein halbes Dutzend austauschbarer Pappfiguren durch ein Spukhaus, nur um im Minutentakt als Kanonenfutter herzuhalten, braucht "Landhaus der toten Seelen" gerade mal vier Hauptfiguren, deren Ableben nicht mal selbstverständlich erscheint. Das Mitfiebern mit ihnen bezieht sich nicht auf die Frage, wer von ihnen wohl überleben wird, sondern ob es sie überhaupt erwischen muss. Ihre Charakter-fokussierte Darstellung und Entwicklung während des Films lässt eine tiefere Bindung zu ihnen aufbauen, als in vergleichbaren Beiträgen üblich. Dementsprechend wichtig ist der Cast. Karen Black (mit ihrem manchmal irritierenden Silberblick) und Oliver Reed als sich in verschiedene Richtungen entwickelndes Ehepaar sind hervorragend, das Highlight ist jedoch abermals Bette Davis, obwohl nur mit einer Nebenrolle ausgestattet. Eine erneut fantastische Leistung dieser grossen Dame. Eine Extraerwähnung gibt es noch für "den Chauffeur" Anthony James, der zwar keine einziges Wort sagen darf, dafür eines der schaurigsten Grinsen an den Tag legt, das es jemals zu sehen gab.

 
Ein Film wie ein guter Wein. Liegt etwas Staub auf der Flasche, aber ruhig runterpusten, öffnen, atmen lassen und dann langsam geniessen. Ein edler Tropfen, immer noch.

 
8 von 10 Spukhäusern

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