Review: VOLL ABGEZOCKT - Auftritt einer Comedy-Göttin?



Fakten:
Voll abgezockt (Identitiy Thief)
USA. 2013. Regie: Seth Gordon. Buch: Craig Mazin, Jerry Eeten. Mit: Jason Bateman, Melissa McCarthy, Amanda Peet, Robert Patrick, John Cho, Morris Chestnut, Genesis Rodriguez, T.I., Jon Favreau, Jonathan Banks, Eric Stonestreet, Clark Duke u.a. Länge: 112 Minuten. FSK: freigegeben ab 12 Jahren. Ab 8. August auf DVD und Blu-ray erhältlich.


Story:
Buchhalter Sandy hat zwar einen Namen den sonst nur Frauen tragen, ansonsten ist sein Leben aber vollkommen in Ordnung. Zugegeben, sein Boss Harold verweigert ihm eine Bonuszahlung, aber von seinem Freund und Kollegen Daniel erhält er die Chance, in einem neuen Finanzunternehmen als Vize Präsident einzusteigen. Doch gerade dann, als alles perfekt erscheint wird er Opfer einer Identitätsdiebin. Dank dieser steht Sandy nicht nur kurz vor der pleite, nein, sein neuer Job ist auch in Gefahr. Da er von der Polizei keine schnelle Hilfe erwarten kann, nimmt er die Angelegenheit selbst in die Hand und sucht nach der Betrügerin. Als er sie findet, erweist diese sich allerdings als sehr wehrhaft.





Meinung:
Mit ihrer Rolle in der Serie „Gilmore Girls“ und nachfolgenden Kinoauftritte, wie etwa in „Brautalarm“ konnte Schauspielerin Melissa McCarthy eine durchaus ansehnliche Fangemeinde um sich scharen und gilt aktuell als eine der komischsten Hollywood-Persönlichkeiten. Die Wuchtbrumme McCarthy ist dabei eine, zumindest physisch, erfrischende Anti-These zum sonstigen Schönheitsmodell der Traumfabrik und konnte 2013 bereits drei Mal die Kassen klingeln lassen. Nach ihrem Kurzauftritt in „Hangover 3“ ging sie mit Sandra Bullock auf Verbrecherjagd in „Taffe Mädels". Das Melissa McCarthy-Jahr begann aber mit „Voll abgezockt“, vom „Kill the Boss“-Regisseur Seth Gordon. Hier trifft Jason Bateman auf den quirligen Wirbelwind. Das Ergebnis ist eine Komödie, in dem Chaos aus Ordnung und Disziplin auf Unmoral trifft. Wirklich witzig ist das selten.


Melissa McCarthy auf der Flucht
„Voll abgezockt“ ist ähnlich wie die „Hangover“-Filme (deren Autor Craig Maizin hier auch in die Tasten haute) eine Komödie die ohne Raffinesse auskommt. Laut und polternd wird versucht alle paar Minuten einen Lacher zu genieren. Dabei wird immer dasselbe Stilelement benutzt, welches sich aus der charakterlichen wie gesellschaftlichen Reibungsfläche der Hauptfiguren ergibt. Abseits davon liegt der Film brach und die Rezeptur vom ungleichen Paar, welches in abwegige Situationen gerät wurde auch schon mit mehr Liebe zum Detail und Esprit erzählt. „Voll abgezockt“ mach es sich, wie viele US-Komödien der letzten Zeit, zu einfach. Authentische Entwicklungen, Mut zu wirklichen Grenzüberschreitunen und Charaktere die nicht wie Marionetten wirken sind auch hier nicht anzutreffen. Ähnlich wie bei „Brautalarm“ zelebriert Regisseur Gordon zwar die eine oder andere Überspitzung gegen alltäglichen Anstand und Sitte, aber anstatt Tabuisierungen damit aufzubrechen, verstärkt er sie damit nur noch mehr. Eines der größten Fehlurteile der letzten Kinojahre ist der Glaube, dass Komödien wie „Voll abgezockt“ den puritanischen Horizont erweitern. Tun sie aber nicht. Sie verschließen ihn nur noch mehr und dazu auf nicht mal sonderlich amüsante Weise.


Die Polizei kann Sandy nicht helfen
Die größte Verfehlung von „Voll abgezockt“ sind aber seine Hauptfiguren. Bateman spielt die Rolle die er seit Jahren spielt ohne ihr eine neue Facette abzugewinnen und Melissa McCarthy nervt mehr als zu amüsieren. Mit schwarzem Humor wäre ihre Performance gewiss eine nicht reizlose Angelegenheit, aber ihr ewiges schwadronieren, welches ohne eine wirkliche humoristisches Klimax zu erreichen vor sich hin dümpelt  und ideenloser nicht sein könnte, nimmt ihrer Präsenz jedwede Art von Durchschlagskraft. McCarthy ist so auf die Rolle der quirligen Dicken geeicht, das dazwischen nichts mehr hineinpasst. Keinerlei komödiantische Nuancen, keine Spitzen heraus in eine andere humorvolle Gewichtung. Dabei ist sie gewiss talentiert, aber sie als neue Comedy-Göttin zu feiern ist unangebracht. Eine Göttin überzeugt auch auf, für sie,  unbekannten Pfaden. Doch McCarthy bleibt beharrlich auf einer Stelle stehen und hat somit die gleichen qualitativen Probleme wie „Voll abgezockt“ und bedient dabei das typische Klischee der lustigen Dicken ohne frischen Wind mit hinein zu bringen.


Über Humor lässt sich vortrefflich streiten und so wird es gewiss eine Menge Zuschauer geben die „Voll abgezockt“ in ihr Herz schließen. Es sei ihnen gegönnt. Die Hoffnung das die nächste große Komödienproduktionen aus Hollywood überrascht und mehr bietet als die immer gleichen Versatzstücke und Verbindungsmaterialien bleibt bestehen. Vielleicht ist es ja doch Melissa McCarthy die eines Tages wirklich zu dem wird, zu was ihre Fans sie längst auserkoren haben: eine Göttin der Komödie. Hoffentlich ist sie dann aber auch nicht nur körperlich ein Gegenentwurf zur immer gleichen Erfolgsformel aus den Staaten. "Voll abgezockt" hilft diese Hoffnung wenig. Es bleibt ein Film ohne eine ansprechende Identität.


3 von 10 Schlägen auf die Kehle

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