Review: HUNDSTAGE - Wenn ein Banküberfall schief geht



Fakten:
Hundstage (Dog Day Afternoon)
USA. 1975. Regie: Sidney Lumet. Buch: Frank Pierson. Mit: Al Pacino, John Cazale, Charles Durning, Chris Sarandon, Beluah Garrick, James Broderick, Carol Kane, Lance Henriksen u.a. Länge: 119 Minuten. FSK: ab 12 Jahren freigegeben. Auf DVD erhältlich.


Story:
Drei junge Männer wollen am heißesten Tag des Jahres eine Bank in Brooklyn ausrauben. Doch so ziemlich alles geht schief, was nur schief gehen kann. Einer der Bankräuber bekommt kalte Füße und es ist kaum Geld da. Stattdessen aber rückt die Polizei an und umstellt die Bank. Die übrigen zwei überforderten Bankräuber nehmen also die Bankangestellten als Geiseln – und es entwickelt sich eine Situation, mit der die beiden Bankräuber nicht gerechnet hätten.





Meinung:
“I'm a Catholic, I don't want to hurt anybody.”

Drei Kerle kommen an einem heiß-schwülen Tag kurz vor Schließung in eine Bank. Ihr Ziel: sie wollen Geld. Aber nicht abheben, natürlich nicht. Zumindest nicht legal. Sie wollen die Bank ausrauben. Aber noch bevor es richtig los geht ist einer schon wieder weg. Er will nicht mehr. Aber wenigstens die Autoschlüssel soll er doch bitteschön da lassen. Die anderen beiden machen dann eben zu zweit weiter. Und die stattliche Beute kann sich mehr als sehen lassen: 1100 Dollar. Ja, richtig gehört. Hat sich wirklich gelohnt. Und als ob das noch nicht schlimm genug wäre, rückt auch noch die Polizei mit geschätzten 1100 Mann an. Für jeden Dollar einen. Was also tun? Klar, die Bankangestellten als Geisel nehmen. Und gemeinsam mit ihnen nach Algerien fliegen. So zumindest der Plan. Während der Geiselnahme wird der Anführer Sonny zum Liebling der Medien und des Publikums außerhalb der Bank. Und Sonny genießt es, diese Stimmung anzuheizen. Doch die Geiselnahme, von der Sonny dachte, sie schnell regeln zu können, zieht sich, bis sie sich im packenden Showdown auflöst.


“Kiss me.” - “What?” – “Kiss me. When I'm being fucked, I like to get kissed a lot.” 

Sal (links) und Sonny wissen nicht, was sie tun sollen.
Al Pacino als Anführer Sonny ist mal wieder perfekt, bringt gefühlvolle Situationen genauso gut auf die Leinwand wie seine Hilflosigkeit und auch die überdrehten Sequenzen, wenn Sonny mit der Polizei und der Öffentlichkeit agiert. Dazu wirft er mit coolen Sprüchen nur so um sich. Allein durch Pacino ist der Film schon sehenswert. Er vereint Genuss, Anspannung, Humor, Verzweiflung – perfekt. John Cazale spielt den zweiten Geiselnehmer Sal. Hervorragend, wie er den gutgläubigen, verunsicherten und etwas dümmlichen Mann mit der Waffe verkörpert. Der viel zu früh verstorbene John Cazale hat übrigens nur in fünf Filmen mitgespielt („Der Pate 1+2“, „Der Dialog“, „Die durch die Hölle gehen“ und „Hundstage“), aber alle waren für den Oscar als bester Film nominiert und drei haben den Preis auch gewonnen. Das ist dann wohl der Inbegriff einer guten Rollenauswahl. Ein dritter wichtiger Darsteller, mal von den guten Chris Sarandon und Charles Durning abgesehen, wäre wohl auch noch zu nennen: die Hitze! Sie ist als ständiger Begleiter präsent, sie mischt sich ins Geschehen ein, bringt immer mehr Anspannung und Druck in die Situation.


“Is there any special country you wanna go to?” – “Wyoming.” – “Sal, Wyoming is not a country.”

Die Story ist genial geschrieben. Dialoge zwischen Witz und Ernsthaftigkeit. Ein bisschen Satire auf Polizeiarbeit, ein bisschen auf die Medien. Spannend. Und absolut authentisch. Nebenbei hat sich dieser Banküberfall wirklich so abgespielt. Am 22. August 1972 versuchten John Wojtowicz und Salvatore „Sal“ Naturile in Brooklyn die Chase Manhattan Bank zu überfallen. Und auf ihrem Versuch, der nicht so verlief, wie sie sich das vorgestellt hatten, basiert dieser Film. Bei seinem geringen Budget von nur 1,8 Mio. US-Dollar spielte er übrigens über 50 Mio. US-Dollar ein.


Irgendwas läuft hier doch verdammt schief.
Die Inszenierung Sidney Lumets ist, wie man es von ihm nicht anders gewohnt ist, großartig. Von der ersten Minute an ist ein unheimlicher Spannungslevel vorhanden. Der Zuschauer ist schon nach wenigen Momenten mitten drin im Geschehen. Er leidet und hofft mit den Protagonisten. Er lacht über groteske Situationen. Er kann die Mischung aus Euphorie und bedrückender Stimmung förmlich fühlen, genau wie die Hitze (den Spruch mit dem „Mitschwitzen“ lass ich hier mal außen vor, auch wenn er absolut zutrifft). Wenn man übrigens bedenkt, dass der Film aber bei so kalten Temperaturen gedreht wurde, dass bei den Außenszenen eigentlich sogar den Atem der Schauspieler sichtbar war, ist diese Leistung, diese Darstellung der Hitze, noch einmal höher einzuschätzen. Musik gibt’s keine. Überhaupt keine. Außer dem Song „Amoreena“ von Elton John am Anfang und ein wenig Gedudel aus dem Radio. Es sind sonst nur diverse Geräusche zu hören. Und die bringen noch mehr Beklemmung und auch noch mehr Spannung.


Insgesamt ist der Film eine extrem spannende Bankraubgeschichte. Ein Psychogramm eines überforderten Geiselnehmers. Ein satirisch angehauchter Thriller mit genialer Geschichte und super Dialogen. Ein wichtiger Verstreter des „New Hollywood“. Oder anders ausgedrückt: „Hundstage“ ist eine hervorragende und psychologische Geschichte über einen missglückten Banküberfall am heißesten Tag des Jahres.


9,5 von 10 Schweißflecken auf dem Hemd

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