Review: HIGH TENSION - Wenn fehlende Logik zu Cleverness konvertiert


Fakten:
High Tension (Haute Tension)
Frankreich. 2003. Regie: Alexandre Aja. Buch: Alexandra Aja, Grégory Levasseur. Mit: Cécile de France, Maiwenn, Philippe Nahon. Franck Khalfoun, Andrei Finti, Oana Pellea, Marco Claudio Pascu, Jean-Claude De Goros, Bogdan Uritescu, Gabriel Saphiu u.a. Länge: 87 Minuten. FSK: freigegeben ab 18 Jahren (gekürzte Fassung), ungekürzte Fassung ist in Deutschland beschlagnahmt. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.

Story:
Marie und Alex, zwei gestresste Studentinnen, fahren zu Alex‘ Eltern raus aufs Land, um dort in aller Ruhe sich auf die bevorstehenden Examen vorzubereiten. Doch aus der ländlichen Idylle wird bereits am ersten Abend ein blutiger Alptraum. Ein gnadenloser wie brutaler Killer dezimiert die Familie von Alex und entführt diese. Marie, die sich vor dem Irren retten konnte, verfolgt den Psychopathen und versucht ihre Freundin zu retten.




Meinung:
Das gegebene Horror-Kino aus Frankreich polarisiert wie jede andere filmische Novität. Nur stellt sich die Frage, ob Frankreichs Blut- und Terrorwelle ein an seine Zeit gebundener Trend ist, der die Splattergeeks dieser Tage entzückt, aber in wenigen Jahren bereits nicht mehr die Rede wert ist, oder ob Frankreich tatsächlich die letzte Bastion am Firmament des Horrors darstellt, denn das Genre verglüht mehr und mehr wie ein dahinscheidender Stern im Sturzflug und ein leichter Hoffnungsschimmer würde die cinephile Seele für die Zukunft ein stückweit beruhigen, wobei sich inzwischen auch der personifizierte Lichtblick Ti West seinen klaren Posten gesichert hat und mit „House of the Devil“ und ganz besonders „The Innkeepers“ zwei der besten Genre-Filme seit langer Zeit inszenierte.


Ob diese Dame wirklich eine Rasur braucht?
Zurück zum Thema: „High Tension“ und Alexandre Aja sind zwei namhafte Bestandteile des internationalen Aufschreies und brachten einen Stein ins Rollen, der nicht nur einer neuen Zeitrechnung im blutigen Sujet entgegensteuerte, sondern sich darüber auch als zwei der klaren Highlights der jüngeren Filmgeschichte (Als Film und als Filmemacher) figurierte. Wenn man „High Tension“ auf ein bestimmtes Qualitätsmerkmal herunterbrechen möchte, dann ist es seine schonungslose und drakonische Kompromisslosigkeit, ohne die intensive Gewalt aber als ästhetische Attraktion zu illustrieren. Aja behält den Charakter der Grausamkeit immer im Auge und die visuelle Klasse, die nun mal – wie man es aus genreunspezifischem Filmbereichen Frankreichs gewohnt ist – über jeden Zweifel erhaben ist, weiß das raue Feeling mit dem unangenehmen Geschehen hervorragend zu verknüpfen, um den perzeptiven Zuschauer mit in die Hölle zu zerren.


Den wahren Coup landet der Film aber erst gegen Ende und ohne zu viel verraten zu wollen: Aja tritt nicht nur seinem Publikum in das blutverschmierte Antlitz, er degradiert die Logik auch in die - vordergründige - Bedeutungslosigkeit. Darüber kann man erbost den Kopf schütteln, Aja für einen Dilettanten halten und sich stundenlang über die diese – oberflächliche – Unüberlegtheit echauffieren. Nur sind wir dann genau in die Falle getappt, die Aja uns breitgrinsend aufgestellt hat. Denn dreht man das das Ganze einmal auf links und versucht das Gezeigte aus einem neuen Blickwinkel zu betrachten, dann hat Aja mit seinem gravierenden Handlungsbruch nicht nur jede Menge Mut bewiesen. Er hat dazu auch noch einmal vehement an die fiktionale Kraft des Kinos appelliert und sorglos in Kauf genommen, dass man diese gewagte Metaebene mit dem Verlust jeder Seriosität verwechselt. Chapeau.

7,5 von 10 eingeklemmten Köpfen im Treppengeländer

von souli

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