Review: CHILLERAMA - Abgesang auf eine sterbende Filmform

                                                                            
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Fakten:
Chillerama
USA, 2011. Regie & Buch: Adam Rifkin, Tim Sullivan, Adam Green, Joe Lynch. Mit: Adam Rifkin, Sarah Mutch, Owen Benjamin, Tania Raymonde, Miles Dougal, Eric Roberts, Lin Shaye, Ray Wise, Sean Paul Lockhart, Anton Troy, Gabrielle West, Adam Robitel, Joel David Moore, Kristina Klebe, Florian Klein, Matthew Temple, Kane Hodder, Richard Riehle, Corey Jones, Kaili Thorne, Brendan McCreary, Ward Roberts, Olivia Dudley, Laura Ortiz, AJ Bowen, Briana Mackay, Remy Mackay Lynch u.a. Länge: 120 Minuten. FSK: ab 16 Jahren freigegeben. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.


Story:
Ein Autokino der alten Schule steht vor der Schließung, zum Abschluss versammeln sich Stammkunden und Filmnerds für eine Vorstellung der besonderen Art. Die vergessenen Filmperlen "Wadzilla", "I Was A Teenage Werebear", "The Diary Of Anne Frankenstein" und "Deathication" stehen auf dem Programm. Und ganz nebenbei entwickelt sich ein "Zom-B-Movie"...


 

Meinung:
"Chillerama", zweifellos ein besonderer Film, der in den Zeiten von Streaming-Portalen, Video-on-Demand, Digitalkopien und Blu-ray (obwohl er natürlich auf all diesen Wegen zu sehen ist), die Fahne hochhält für das Auto- und Grindhousekino, Trash, dem Anti-Blockbuster-Film aus der Schmuddelecke, einer aussterbenden Ära, in der sich Nerds und Geeks wohl fühlten und nun kommen vier Filmemacher daher, um dem Respekt zu zollen.

 

"Chillerama" ist einerseits eine liebe- und hingebungsvolle Hommage für die Filmfans mit dem Herz am rechten (oder falschen?) Fleck, aber natürlich auch eine Ansammlung der puren Geschmacklosigkeit, in dem wirklich nichts ausgelassen wird. Killer-Sperma, schwul-trällernde Wer(bären)wölfe, Geschichtsvergewaltigung, die von der Idee schon sehr gewagt ist, eine Scheiß-Orgie, die in einem Rudelbumsen von Zombies endet. Alles klar? Wer jetzt noch nicht gedanklich voll raus ist, angewidert unter die Dusche springt oder vorsorglich schon mal "Forrest Gump" einlegt, das könnte ihr Film sein. 


Adam Rifkin ("Detroit Rock City", von seiner Filmographie eher der Außenseiter, tatsächlich kommt von ihm die mit Abstand beste Episode), Tim Sullivan ("2001 Maniacs", der die eigene Homosexualität in seinem Beitrag mit Anlauf in jegliches Klischee laufen lässt, wofür andere Leute böse auf die Fresse bekommen hätten), Adam Green ("Hatchet" 1 & 2, der mit der besten Grundidee etwas enttäuscht) und Joe Lynch ("Wrong Turn 2", dessen bekanntestes Werk mir gar nicht zusagt, dafür hier ein positive Überraschung darstellt) liefern einzelne Kurzfilme ab, die als Film-in-Film zu "Chillerama" werden. Obwohl Lynch da etwas rausfällt, aber Spoiler sind doof und daher sollte das jeder selbst sehen (wer sich traut).


Bei einer Mischung von einzelnen Geschichten, die nichts miteinander zu tun haben, ist eine allgemeine Wertung oft schwierig, da macht "Chillerama" keine Ausnahme. Daher fühle ich mich gezwungen (obwohl ich das nicht gerne mache), auf jede Episode genauer einzugehen (dafür gibt es dann auch die Gesamtwertung).



1. Wadzilla.

"Dann wichsen sie, sofort!"

Zu spät für Verhütung
Adam Rifkin liefert einen Auftakt nach Maß. "Wadzilla" ist so klebrig, bescheuert und mit irrsinnigen Ideen gesegnet, da gibt es Samenstau, wenn man nicht...
Das erinnert tatsächlich an einen billigen Monster-Film der 50er, Rifkin spielt sogar selbst die Hauptrolle (das gar nicht mal schlecht) und es jagt ein Knaller den nächsten. Die "Stardichte" ist hier sogar am höchsten, oder wem sagen die Namen (von denen, die nicht schon Forrest zuschauen) Ray Wise, Lin Shaye (hat in Episode 2 einen noch größere Rolle) und Eric Roberts nichts?

"Das Militär tut jedoch sein bestes, wie man ein Ding von dieser Größe runterholen kann...Von den Behörden wird dieses Arial der feuchte Fleck genannt." Herrlich, sogar eine der bekanntesten Frauen der Welt lässt die Hüllen fallen und wackelt mit dem Popo, versprochen. "Wenigstens ist es gut für die Haut".

2. I Was A Teenage Werebear.

"Ihr Kopf ist ausgelaufen, macht bißchen verrückt."

 
Brokeback Werewolf
Tim Sullivan macht einen übertrieben schwulen Mix aus "Grease", "The Lost Boys" und Werwolf-Film, der genial wäre, wenn der Klamauk nicht stellenweise an "Scary Movie" und Konsorten erinnern würde. Das gibt es soviele brachial-alberne Gags, gegen "Wadzilla" stinkt der, darauf beschränkt, ab. Too much. Aber, aber: Neben der eigentlich witzigen Idee gibt es eindeutige Höhepunkte: Die Gesangseinlagen sind großartig. Das beispielsweise "Love bit me on the ass" keine Oscarnominierung bekommen hat, ist ein Skandal. Wenn jetzt der Rest noch stimmen würde, ein Kurzfilmmeisterwerk. Das ist nur leider so auffälig, ganz gut.


3. The Diary of Anne Frankenstein.

"Halt! 99 Luftballons."

Hitlers Helfer
Tja, schade, da war am meisten drin. Der Titel ist ja wohl nicht mit Gold aufzuwiegen, geschweigen denn an Geschmacklosigkeit zu überbieten, für manche Leute ist das Sprengstoff genug. Adam Green nutzt dieses Potenzial kaum, lässt eine albern-stammelnde Hitler-Karikatur auflaufen und es sieht lang (na ja, für einen 20minüter) nach verschenkt aus. Die letzten Minuten machen immerhin Boden gut (der Stuntman!).
Trotzdem, gemessen an den Möglichkeiten enttäuschend.

4. Deathication/Zom-B-Movie.

 
"Deathication" wird eingeläutet von Fernando Phagabeefy und er hat wohl die beste Zitate des Film.

- " Hallo Doktor..." (muss man sehen).
- " Was sie gleich sehen werden, wird sie zum Scheißen bringen."
- " Dieser Film wird sie mit ihren Fäkalien vergewaltigen."

Ja, dem mag ich nicht wiedersprechen, so viel gibt es von dem Prachtstück auch nicht zu sehen, daher zu...


"Zom-B-Movie", nach "Wadzilla" das Prunkstück von "Chillerama". Die Grenzen des guten Geschmacks werden noch mal total überfordert und Joe Lynch zeigt sich äußerst zitierfreudig, minutenlang ist jedes gesprochenen Wort ein Oneliner aus einem bekannten Film, wer alle kennt bekommt ein Eis. Toll!


Das Autokino wird zum Pornokino
Jetzt zum Haken: Wie werte ich das Ganze? Da gibt es recht viel Licht, leider speziell in Episode 2 & 3 auch Sachen, die sehr schattig und, das ist das Hauptproblem, unnötig sind, denn Potenzial und Ideen hat jeder Part des Films. Die Message der vier Herren ist aller Ehren wert, ihre Liebe zum Unsinn und ihre Kreativität unverkennbar, deshalb springe ich über meinen Schatten und gebe 7 Punkte, die für "Wadzilla" deutlich zu wenig und für "Zom-B-Movie" angemessen wären. "I Was A Teenage Werebear" hat zumindest die Idee und die Songs und "The Diary Of Anne Frankenstein" ist ja auch nicht daneben. Abgerundet durch die ganze, liebevolle Zusammensetzung finde ich das vertretbar. 


Und jetzt mal Butter bei die Fische: Spaß macht das ohne Ende! Freunde einladen, Bier kaltstellen, im Nachbarzimmer "Forrest Gump" für "die Anderen" einlegen, ab geht das. 


7
von 10 Popcornbechern mit Löchern




 

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