Review: ARGO - Böse Iraner, guter Affleck



Fakten:
Argo
USA. 2012. Regie: Ben Affleck. Buch: Chris Terrio. Mit: Ben Affleck, Bryan Cranston, Alan Arkin, Victor Garber, John Goodman, Tate Donovan, Clea DuVall, Scoot McNairy, Kerry Bishé, Bob Gunton, Christopher Denham, Kyle Chandler, Chris Messina, Zeljko Ivanek, Titus Welliver, Keith Szarabajka, Richard King, Taylor Schilling u.a. Länge: 120 Minuten. FSK: freigegeben ab 12 Jahren. Auf DVD und Blu-ray.



Story:
Nach wahren Begebenheiten: Während die amerikanische Botschaft 1979 in Teheran von iranischen Revolutionären lautstark gestürmt wurde und daraufhin 52 US-Diplomaten in Geiselhaft genommen wurden, konnten sechs Amerikaner frühzeitig dem Geschehen entfliehen und im Haus des kanadischen Botschafters Unterschlupf finden, der sie vor dem brutalen Vorstoß der Iraner schützte. Dass die Amerikaner an diesem Platz nicht für alle Ewigkeit verweilen können und die Luft von Tag zu Tag durchaus dünner werden könnte, war für alle Beteiligten klar. Die Sepah kommen den Amerikanern nach wochenlangem Versteckspiel immer näher und nun liegt es an CIA-Agent Tony Mendez, die Leute aus ihrem Schlupfwinkel auf sicherem Wege zu befreien. Seine Idee ist so absurd wie genial: Zusammen mit dem Oscar prämierten Maskenbildner John Chambers und der alten Produzentenlegende Lester Siegel will Mendez einen Science-Fiction-Filmdreh vortäuschen und so in den Iran einreisen, vorbei an den Revolutionsgarden und dem wachsamen Auge des Kulturministeriums...




Meinung:
Die Bewertung für "Argo" fällt mir ungewohnt schwer, da die dritte Regiearbeit von Ben Affleck ein zweischneidiges Schwert ist. Viele Dinge sind wirklich gut und rein auf das reduziert, was "Argo" sein will, nämlich in erster Linie ein Unterhaltungs- und Spannungsfilm, ist das über weite Strecken gelungen, wenn auch nicht perfekt. Das Problem bei der Sache ist, dass er sich dafür eines Themas, eines politischen Hintergrundes bedient, der wenn er als Kulisse für so einen Film dient, doch einen etwas differenzierteren Blick erfordern würde, auch wenn es nur am Rande geschieht.


Egal ob Ost oder West, Bärte verbinden
Fange ich erst bei den guten Dingen an: Affleck, das haben auch sein vorherigen Filme gezeigt, ist als Regisseur besser, als er jemals als Darsteller war. Er kann eine Geschichte erzählen, Schauspieler führen, hat ein Gefühl für Bilder, Musik, Schnitt und Stimmung. Sehr gutes Handwerk, keine Frage. Das Thema seines Films ist interessant, sehr sogar. Gerade da diese, im ersten Moment wie eine typische Hollywooderfindung klingende, Geschichte sich (wohl) tatsächlich so zugetragen hat, macht seinen Reiz aus. Manche Ideen klingen so verrückt, die können nur aus dem echten Leben stammen. In der ersten Stunde, dann, wenn es um die Planung der Befreiungsaktion geht, ist "Argo" sehr unterhaltsam. Der Cast ist klasse gewählt. Affleck kann tatsächlich auch mal als Darsteller überzeugen, die Glücksgriffe sind (mal wieder) Alan Arkin und John Goodman. Bryan Cranston erfüllt seine Rolle anständig, sie bietet eben nicht den Unterhaltungswert der seiner Kollegen, kann er nichts für. Der ironisch-bissige, leicht zynische Blick auf den alltäglichen Wahnsinn in der Traumfabrik Hollywood macht Spaß, da zeigt "Argo" genau das, was er später vermissen lässt: Eine andere, hinterfragende Sichtweise. In der zweiten Stunde, sobald die Handlung in den Iran verlegt und sich um die eigentliche Befreiungsaktion dreht, kann der Film nicht mehr ganz so sehr punkten. Solide ist das durch und durch, nur hervorragend oder bemerkenswert fand ich das nicht. Funktioniert ganz gut, haut mich aber auch nicht vom Sockel. Da fehlt es "Argo" an echten Highlights. Liegt zum Teil auch daran, dass die tollen Darsteller und Figuren der ersten Hälfte nun natürlich kaum noch eine Rolle spielen. Die Handlung fokussiert sich logischerweise nun auf, den nun mal nicht mehr als vernünftigen, Affleck und die 6 Geiseln. Die sind leider gar nicht mal so interessant charakterisiert und besetzt, sie sind halt Mittel zum Zweck. Anwesend, um gerettet zu werden.


Where is Waldo?!
Dennoch ist "Argo" da lange noch kein schlechter Film, langweilig wird er niemals und wenn das jetzt alles wäre, ein zufriedenes "Sehenswert" würde er von mir bekommen. So, jetzt zum Problem: "Argo" will kein politischer Film sein, ist auch vollkommen in Ordnung, nur hinterlässt er aufgrund seines extrem einfach gehaltenen Gut/Böse-Schemas einen faden Beigeschmack. In der Einleitung wird zwar auf die Hintergründe der iranischen Revolution eingegangen und die entscheidende Rolle der USA, nur das muss der Film schließlich auch, um die Motive zu erklären. Nur ab dann wird das total ausgeblendet. Ohne jetzt Gewalt, Geiselnahme und Meuchelmorde verteidigen zu wollen, aber: Man erntet, was man sät. Da ist was dran. Sicher, der Film dreht sich nicht um die Leute, die es verbockt haben sondern um diejenigen, die die Suppe letztendlich auslöffeln müssen. Nur wird das im weiteren Verlauf nicht mal mehr am Rande irgendwie erwähnt, kein bisschen Selbsterkenntnis oder Reflektion der eigenen, verheerenden, selbstgerechten Außenpolitik ist zu erkennen. Im ganzen Film sind nur böse Iraner zu sehen, jeder scheint ein wütender, kaltblütiger Henker zu sein oder zumindest ein zwielichtiger Verräter. Das gesamte Land scheint eine einzige, riesige Todesfalle zu sein, "Escape From Teheran" mit Ben Affleck statt Snake Pliskin. Das ist ja auch nicht komplett aus der Luft gegriffen, natürlich war das ein heißes Pflaster, nur in dieser Eindimensionalität und ohne nur noch ein einziges Mal auf das Warum einzugehen ist dann schlicht zu einfach. Problematisch vor allem deshalb, da das aktuelle Weltbild des Iran, speziell in den USA, ja heute nicht viel besser ist. Aufgrund seines, zweifellos, gefährlichen Staatschefs wird ein ganzes Land wieder dämonisiert, als "Schurkenstaat" bezeichnet, was auf das gesamte Volk zurück fällt. Und durch diese Darstellung hier untermauert "Argo", auch wenn das niemals das Anliegen der Macher ist, diese Sicht nur. Das hätte man bedenken sollen, so wirkt er, leider, doch politisch, nur in die falsche Richtung, obwohl er das gar nicht möchte.

6,5 von 10 zweischneidigen Schwertern

von Jacko

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