Review: HUGO CABRET - Eine Liebeserklärung mit Fehlern




Fakten:
Hugo Cabret (Hugo)
USA. 2011. Regie: Martin Scorsese. Buch: John Logan (nach einem Roman von Henry Selznick). Mit: Asa Butterfield, Chloë Grace Moretz, Ben Kingsley, Sacha Baron Cohen, Frances de la Tour, Ray Winstone, Emily Mortimer, Christopher Lee, Jude Law, Michael Stuhlbarg,  Richard Griffiths, Helen McCrory u.a. Länge: 126 Minuten. FSK: Ab 6 Jahren freigegeben.


Story:
Paris, in den 1930er Jahren. Der Waisenjunge Hugo Cabret, der Sohn eines Uhrmachers, lebt heimlich im Untergrund des Pariser Bahnhofs. Hugo verbringt seine Tage damit eine alte Maschine, die sein Vater einst einem Museum abkaufte, zu reparieren. Die Einzelteile klaut er sich zusammen u.a. beim Spielzeugmacher George. Als dieser ihn erwischt, beginnt für Hugo ein großes Abenteuer.





Meinung:
Es ging schon ein Raunen durch die Filmwelt. Regie-Altmeister Martin Scorsese, der unzählige Klassiker des amerikanischen Films inszeniert hatte, wollte einen Film mit der neuen 3D-Technologie drehen und dann auch noch ein Kinderfilm? Nun, „Hugo Cabret“ hat zwar kindliche Helden, ist aber bei weite kein Film nur für Kinder, obwohl der dem kindlichen Hang zum Abenteuer huldigt, doch eigentlich ist „Hugo Cabret“ mehr als bloß eine Abenteuergeschichte. Scorseses Film ist eine Liebeserklärung. Doch dazu später mehr.

Spielzeugmacher George (Ben Kingsley) hat Hugo stets im Blick
„Hugo Cabret“ hat ein großes Problem: die Dualität. Martin Scorsese erzählt gleich zwei Geschichten. Da hätten wir einmal die junge Titelfigur die das letzte Geheimnis ihres verstorbenen Vaters lösen will, während auf der anderen Seite eine Liebeserklärung an die Pioniere des Films steht. In beiden Handlungen geht es um Geheimnisse, um die Last der Vergangenheit, doch auch gegen Ende, wenn die beiden Konstrukte sich synchronisieren, wirkt es wie Flickwerk, es kommt einfach zu keinem Zeitpunkt zu einer harmonischen Verbindung. Entweder die Handlungen schliddern ungelenk aneinander vorbei, oder sie prallen gewaltsam aufeinander. Dabei ist die Geschichte vom Waisen Hugo, der heimlich im Bahnhof haust nicht halb so spannend, bewegend und fantastisch wie erwartet. Asa Butterfield gibt sich sichtbar Mühe, doch weder gelingt es ihm die Rolle des Hugo Cabret auszufüllen, noch wirkt er wirklich überzeugend. Dazu kommt, dass er oft mit der wesentlich erfahreneren Chloe Grace Moretz (Hit-Girl aus „Kick-Ass“) agieren muss, die nicht nur mehr Erfahrung als Butterfield hat, sondern ihn oftmals auch schauspielerisch alt aussehen lässt, wenn nicht sogar gleich ganz deklassiert. So kommt auch keine Chemie zwischen den beiden Jungdarstellern auf.  Und selbst wenn sie zusammen harmonieren würden, so müssten sie immer noch die arg konzipiert und teilweise auch hölzern wirkenden Dialoge des Script aufsagen. Das Script bietet eh eine Menge Nebensächlichkeiten die den Film oft unnötig ins stocken bringt. Der sonst eher als Anarcho-Komiker bekannte Sacha Baron Cohen („Borat“, „Der Diktator“)ist  als Sicherheitschef des Bahnhofs weder sonderlich amüsant noch wirkt er wirklich bedrohlich. Die gesamte Figur wirkt zu zwanghaft und zieht den Film nur in die Länge. Neben ihm tummeln sich noch andere Gestalten im Bahnhof, doch auch sie fungieren letztlich bloß als Füllwerk, das gelegentlich charakterisiert wird, ohne dass es wirklich etwas bringt, außer dass sich die Laufzeit des Films erhöht..


Martin Scorseses erster 3D-Film ist kein richtig schlechter oder ganz und gar enttäuschender Film, dies liegt aber hauptsächlich daran, dass Scorsese nach gut 60 – 70 Minuten eine Liebeserklärung ans Kino startet, die wirklich das Herz berührt. Er huldigt den alten Meistern, den Erfindern der auf Zelluloid gebannten Träume und dies so hemmungslos und detailverliebt, dass das Vorgeplänkel, der Anriss von Hugo Cabrets früherer Lebens- und Leidensgeschichte zu einer notwendigen Staffage verkommt. Es wirkt so, als ob Scorsese genau hier hin wollte, zu eben jenem Punkt, an dem er der Magie des Kinos und deren Macher ein kleines, filmisches Denkmal setzen kann. Eine fulminante Liebeserklärung, eingebettet im Entwicklungsgang eines Film-Pioniers und Spielzeugmachers.



Kein Zweifel, in „Hugo Cabret“ steckt Liebe drin, doch Scorsese scheint diese zu oft mit großen Bildern sowie Gesten zu verwechseln und findet erst nach über der Hälfte des Films einen Weg sie so zu präsentieren und zwar so, dass sie spürbar wird. Denn dann erfährt der Zuschauer endlich wofür Scorsese diesen Film drehte. Er drehte ihn fürs Kino selbst - die ganz große Liebe. Sehr charmant und herzlich, nur das leidliche Getue im Vorfeld hätte er sich wirklich sparen können.


5 von 10

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